Metin (rechts) hat Kartons voller Happy Towels gemeinsam mit seiner Frau (Mitte), zwei Brüdern (Mitte und rechts unten), seiner Nichte und ein paar starken Nachbarn in den LKW geladen.
Fast geht es schief. Der LKW mit den neuen Happy Towels wird an der niederländischen Grenze angehalten. Ein Zollbeamter sieht sich die Papiere an und behauptet, dass der LKW Trainingsanzüge transportiert.
Trainingsanzüge? Für Happy Towels??
Weber Metin von Happy Towels ist monatelang mit dem Weben beschäftigt gewesen. Neue Farben, neue Muster, neues Material. Nachdem alle Hamamtücher endlich fertig sind, bringt er sie zum Transportunternehmen, das sie in die Niederlande befördert.
Mit dem LKW.
Dreieinhalbtausend Kilometer. Ganz aus der westlichen Türkei bis in die Niederlande.
Natürlich kann ich es nicht erwarten, die neuen Hamamtücher zu sehen. Ich bin nervös! Es kann so viel schiefgehen. Manchmal habe ich deswegen sogar schlaflose Nächte.
Von den letzten Lieferungen weiß ich noch, dass ein LKW vier bis zehn Tage bis in die Niederlande braucht.
Ich rufe das Transportunternehmen an und frage nach, wann ich die Hamamtücher geliefert bekomme.
Der LKW muss erst noch Güter in Deutschland entladen, wird mir gesagt. Dann fährt er weiter in die Niederlande.
Dann fragt der Mitarbeiter noch etwas.
Ob ich die Telefonnummer des Fahrers haben will
Will ich das???
Ich finde es etwas seltsam. Ich telefoniere nie mit einem Fahrer.
Aber ich will natürlich wissen, wann die Happy Towels hier sind. Also rufe ich ihn doch an.
Der Fahrer heißt Mustafa, sagt er mir. Es überrascht mich, dass er akzentloses Türkisch spricht. Er hat eine ruhige, freundliche Stimme.
(Metin, der Weber von Happy Towels, hat einen lokalen Akzent, den ich manchmal nur schwer verstehe.)
In den Tagen danach telefonieren Mustafa und ich öfters. Er erklärt mir, wie alles in der LKW-Welt funktioniert.
Mustafa erzählt, dass er über Bulgarien und Österreich nach Deutschland fährt. Nach dem Entladen der ersten Paletten in Deutschland fährt er weiter in die Niederlande. Die Happy Towels sind die letzten Güter, die er liefern muss.
Ein paar Tage später erzählt mir Mustafa, dass das Entladen in Deutschland länger dauert als erwartet. Er kommt deshalb einen Tag später in den Niederlanden an.
Schade.
Wie die meisten Menschen in der Türkei spricht Mustafa keine anderen Sprachen, nur ein paar Worte Deutsch, sagt er.
Diese Worte haben alle mit Be- und Entladen zu tun.
Darüber muss ich heimlich lachen
An der niederländischen Grenze haben wir Pech. Der niederländische Zoll führt eine Kontrolle durch – eine ausführliche Inspektion.
Durch die Sprachbarriere versteht Mustafa nicht, was los ist und deshalb ruft er mich an. Ich rufe den Zoll an und erzähle Mustafa dann, was der Zoll sagt.
Der Zollbeamte sagt, dass einer der Frachtbriefe nicht stimmt.
Ich begreife es nicht. Ich habe mir alle Frachtbriefe angesehen und nirgends „Trainingsanzüge“ gelesen. Allerdings stehen darin viele türkische Beschreibungen von Handtüchern. Und die kann der niederländische Zoll natürlich nicht lesen.
Der Zoll macht alle Kartons auf. Darin befinden sich nur Happy Towels.
Na klar!
Mustafa darf weiterfahren. Aber erst muss er noch auf ein offizielles Dokument warten, worauf das steht.
Schließlich und endlich dauert der Aufenthalt an der Grenze sechs Stunden.
Mir tut der arme Mustafa leid. Er langweilt sich während all dieser Stunden.
Durch unsere Gespräche bin ich neugierig auf Mustafa. Ich möchte wissen, wer er ist.
Wer ist der Fahrer, der die Hamamtücher in die Niederlande bringt?
Mustafa erzählt, dass er schon seit 40 Jahren zwischen Denizli und Deutschland hin- und herfährt, zwei Mal im Monat. Ab und zu fährt er auch weiter in die Niederlande.
Respekt!
Mustafa erzählt, dass er viele Hamamtücher transportiert. Das ist keine große Überraschung, wenn er aus Denizli kommt. 🙂
Durch die lange Verspätung kommt Mustafa erst abends am Lagerhaus von Happy Towels an. (Ich wohne in Amsterdam, mein Haus ist also zu klein für die Lagerung der Kartons).
Das Lagerhaus hat schon zu. Mustafa sagt locker, dass er vor dem Eingang des Lagerhauses übernachtet.
Im LKW-Fahrerhaus.
Das finde ich etwas trist. Aber gut, eigentlich ist ein LKW ein großes Wohnmobil, mit einem Anhänger statt einem Wohnraum.
In der Nacht wache ich um drei Uhr auf, ich bin besorgt und frage mich, wie es Mustafa geht.
Mit seinem begrenzten Auslandswortschatz.
Am nächsten Morgen rufe ich ihn wieder an. Er erzählt, dass er am Abend ins Zentrum gelaufen ist. Zu seiner Überraschung hat er einen Brötchenladen der türkischen Kette Simit Sarayi entdeckt und dort lecker gegessen.
Und er konnte über andere Dinge als Be- und Entladen reden.
Danach hat er noch ein Bier getrunken und ist früh schlafen gegangen, sagt er. Er hat prima geschlafen.
In dem Moment, in dem ich ihn spreche, hat er die Kartons schon beim Lagerhaus ausgeladen und ist er wieder zur deutschen Grenze unterwegs. In Deutschland holt er eine neue Fracht ab, die in die Türkei gebracht werden muss.
Mit Ehrfurcht nehme ich Abschied und wünsche ihm eine gute Reise – wieder dreieinhalbtausend Kilometer nach Denizli zurück…
Und die neue Kollektion Happy Towels? Darauf bin ich stolz wie Oskar!
(Diesen Blog habe ich 2015 geschrieben. Das Foto ist von Anfang Mai 2017.)